Rund um »Oldinghausen« in Enger
(Wanderung Nummer 9)
Treffpunkt für geführte Wanderungen
Schulstraße / Siekheidenweg, Grundschule Oldinghausen, Enger-Oldinghausen
Dauer der Wanderung: etwa 2,5 Stunden
Strecke: 5,8 Kilometer
Der Ortsteil Oldinghausen der Stadt Enger ist wenig bekannt und doch bietet er mit seiner dünn besiedelten strukturreichen Landschaft den Naturschutzgebiet Asbeke-Kinzbeketal und den Sattelmeyerhöfen mit ihrer Geschichte Raum für einen unterhaltsamen und interessanten Ausflug.
Erläuterungen zu den Stationspunkten der Wanderung
1. Ersatzbiotop Trafostation
Seit 1986 haben die Elektrizitätswerke Minden-Ravensberg dem Kreis Herford 11 Trafostationen für Artenschutzzwecke übereignet, die Betreuung im Rahmen einer Patenschaft übernahmen Mitglieder des ehrenamtlichen Naturschutzes oder wie hier, die Grundschule Oldinghausen. Es war in der Vergangenheit beobachtet worden, dass vor allem Schleiereulen diese Turmstationen sowohl als Brut- als auch als Schlafplatz nutzten. Nach einigen kleineren Umbauarbeiten, die von den Paten der Stationen durchgeführt wurden, stehen diese heute einer größeren Anzahl von Tieren zur Verfügung: zum Beispiel Schleiereulen, Mauerseglern, Falken, Dohlen, Grauschnäppern, Rotschwänzchen oder Fledermäusen, aber auch Stare, Hornissen und Wespen finden sich ein. Dafür wurden die Türme zugdicht und dunkel gemacht, Brutbretter oder –kästen eingebaut und spezielle Kästen angefertigt und angebracht. Die Trafostationen mit ihren vielen verschiedenen Kästen stellen Multi-Ersatzbiotope dar für fehlende Baumhöhlen, Felskanten, Mauersimse, offene Kirchtürme oder Dächer.
Eine Garantie, dass Ersatzbiotope angenommen werden, gibt es nie. Aber bevor die architektonisch teilweise sehr schönen Turmstationen abgerissen werden, konnte man den Versuch wagen, sie der einheimischen Tierwelt zur Verfügung stellen. Der Versuch ist gelungen, denn die Schleiereule brütet in dieser Station regelmäßig.
2. Kalksandsteinwerk
In der Saalekaltzeit wurden zwischen Bünde und Herford größere Mengen an hochwertigen, reinen Sanden abgelagert, die seit vielen Jahrhunderten abgebaut und genutzt werden. Nach dem Kriege wurde 1953 auf dem Gelände der Ziegelei dieses Kalksandsteinwerk gebaut, der Ort entstand danach um das Werk herum, die Dorfgaststätte der Oldinghauser Mark heißt heute noch bezeichnenderweise ”Zum weißen Stein”. Die Oldinghauser Mark war früher Gemeineigentum, wodurch die Errichtung der heutigen Siedlung wesentlich erleichtert wurde. Die Gemeinde Oldinghausen erfuhr seinerzeit einen enormen Anstieg ihrer Gewerbesteuer, wodurch sie zu einer der reichsten im Kreis Herford wurde. Auch heute werden Kalksandsteine im größeren industriellen Rahmen hergestellt. Das Material stammt aus der näheren Umgebung, in der Vergangenheit wurde zum Beispiel die Fläche von der heutigen Birkenstraße bis zum Erbbegräbnis Ebmeyer abgegraben.
3. Erbbegräbnis
Aus hygienischen Gründen war es ab 1794 untersagt, die Verstorbenen ”unter dem Kirchenboden”, das heißt in der Kirche zu bestatten. In der Folge wurden von adligen Familien und großen Gütern die Erbbegräbnisse als Familiengräber eingerichtet. Diese lagen meist im Wald. Zum Erbbegräbnis der Familie Ebmeyer gehört eine Gruft. In den 50er Jahren wurde die Familiengruft auf dem Engeraner Friedhof aufgelöst und die Särge in den Totenkeller des Erbbegräbnisses überführt. Seit damals finden nur noch Erdbestattungen statt. Die Gruft mußte leider zugemauert werden, um dem Vandalismus Einhalt zu gebieten.
4. Kotten im Landschaftsschutzgebiet
Wir befinden uns hier in einem Landschaftsschutzgebiet. Diese werden festgesetzt, ”zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushaltes oder der Nutzungsfähigkeit der Naturgüter”, ”wegen der Vielfalt, Eigenart oder Schönheit des Landschaftsbildes” oder ”wegen ihrer besonderen Bedeutung für die Erholung”. Im Kreis Herford sind große Bereiche als LSG festgesetzt, vor allem um der weiteren Zersiedlung der Landschaft Einhalt zu gebieten. Wir sehen hier einige Kotten vor uns, die im Rahmen des Heuerlingswesens gebaut wurden. Das Heuerlingswesen hat seinen Ursprung im 16. Jahrhundert, als immer der älteste Sohn den Hof erbte und die übrigen Kinder mit einem Stück Land abgegolten wurden, auf dem sie sich ein Haus bauen und etwas Landwirtschaft und Gartenbau betreiben durften. Diese lagen meist in Hofnähe aber in der freien Landschaft. Viele Geschwister arbeiteten in Ermangelung anderer Erwerbsmöglichkeiten weiterhin beim Hoferben. Heute stellen diese Einzelhäuser ein Problem dar, da auch für sie die gesamte Infrastruktur (Wasser-, Strom-, Telefonversorgung, Abwasserentsorgung, Zufahrtswege) bereit gestellt werden muss. Viele Gewässerbelastungen rühren von schlecht funktionierenden Hauskläranlagen her.
5. Auwaldrest
Dieser kleine Auenwaldrest gibt einen Eindruck davon, wie die Fließgewässersysteme im Kreis Herford unter natürlichen Bedingungen aussehen würden. Im Frühjahr, wenn reichlich Wasser vorhanden ist, fließt der Bach in mehreren Armen über den Talboden, der mit feuchtigkeitsliebenden Frühjahrsblühern wie Scharbockskraut, Milzkraut, Bitteren Schaumkraut und Schlüsselblumen bestanden ist. Im Laufe des Jahres reduziert es sich auf einen Bachlauf, bei ganz kleinen Gewässern trocknen die Läufe sogar ganz aus. Auenwaldarten sind auf diese extremen Situationen zwischen Überflutung und Austrocknung eingestellt. Auwälder stellen unersetzliche Wasserrückhalteflächen dar und sind wichtig für die Grundwasserneubildung.
6. Oberlauf Asbeke
Dies hier ist ein Teil des Oberlaufs der Asbeke und Teil des Naturschutzgebietes Asbeke-Kinzbeketal. Der Bach hat hier einen naturnahen Lauf, das heißt er schlängelt sich mit Steilwänden und Flachufern durch die Landschaft. Die Erlen festigen die Ufer und beschatten gleichzeitig den Wasserlauf, so dass ganzjährig eine gleichmäßige Wassertemperatur von 10-12°C gewährleistet ist. Dennoch ist die Wassergüte mit ”mäßig belastet” für einen Oberlauf nicht sehr gut, hat sich aber in den letzten Jahren um eine Stufe verbessert. Zur schlechten Wassergüte tragen einerseits die ausgedehnten Teichanlagen im Quellbereich, aber auch die verschiedenen diffusen Einleitungen und Einschwemmungen bei.
7. Stechpalme
Der Ilex - auch Stechpalme oder Hülse genannt - wächst vor allem in unseren Buchenwäldern als Baum oder Strauch und kann eine Höhe von 10 m erreichen. Durch seine immergrünen, ledrigen dunkelgrün-glänzenden Blätter, deren Blattrand meist wellig und gezähnt, mit lang ausgezogenen, harten spitzen Zähnen (”Dornen”) bewehrt ist und seinen roten kugeligen Steinfrüchten ist er bei uns unverwechselbar. Sein Verbreitungsschwerpunkt ist auf mäßig nährstoffreichen Böden, im Halbschatten von Laubmischwaldgesellschaften in wintermilder, regenreicher Lage, man findet aber ihn aber auch auf anderen Standorten. Ilex ist nicht weit verbreitet, aber auch nicht gefährdet, die Bestände sollten jedoch bei Forstarbeiten geschont werden. Weltweit gibt es etwa 400 Arten, von denen einige auch bei uns als Ziersträucher gepflanzt werden. Einheimisch ist nur Ilex aquifolium.
8. Sattelmeyerhof Ebmeyer
Neben dem Sattelmeyerhof Ebmeyer sind in Enger noch 6 weitere Sattelmeyerhöfe bekannt, Meyer-Johann liegt gleich um die Ecke an der Seelbornstraße. Die ”Sattelmeyer” waren der Sage nach treue Vasallen des Sachsenkönigs Widukind: Ebmeyer war sein Wildmeister und ordnete die Jagden an. Wahrscheinlich sind die Höfe um 700 für die ehemaligen sächsischen Siedlungsführer mit Vorrechten gegründet worden: sie waren frei vom Zehnten, besaßen ein Holz-, Jagd-, Fischerei- und Torfstechrecht, sie übten die Gerichtsbarkeit aus und genossen bei der Leichenbestattung besondere Ehren. Vom 12. bis zum 18. Jahrhundert waren die ”Sattelmeyer” Amtshörige – keine Leibeigenen. Ebmeyer und Meyer-Johann aus der Bauerschaft Oldinghausen waren dem Stift auf dem Berge zu Herford hörig. Sie zahlten Pacht, mussten Hand- und Spanndienste leisten und jederzeit ein gesatteltes Pferd zur Verfügung stellen. Sie waren erbberechtigt. Die ”Sattelmeyer” wurden erst im 18. Jahrhundert freie Bauern. Sattelmeyerhöfe sind, wie heute noch ersichtlich, immer als Einzelhofsiedlungen außerhalb der Dorfkerne angelegt worden. Ab dem 15. Jahrhundert kamen Heuerlingshäuser und Kotten dazu. Im Haupthaus waren der Bauer und seine Familie, das Gesinde, das Vieh, die Arbeitsgeräte und die Vorräte untergebracht. Alle Höfe waren ursprünglich wasserumwehrt (Gräften) oder lagen an Teichen und aus Sicherheitsgründen etwas erhöht. Die Ländereien bestanden aus Kampfluren, das heißt die Flächen wurden nur von den Sattelmeyern bewirtschaftet, waren aber nicht deren Eigentum. Sie hatten teilweise eigene Hude- und Mastplätze, durften aber ihr Vieh nicht auf die Mark treiben.
Heute sind die Sattelmeyerhöfe eindrucksvoll in der Landschaft liegende Güter mit großen zusammenhängenden Ackerflächen und Wald (Hof Ebmeyer: 287 Hektar bewirtschaftete Ackerfläche, etwa 18 Hektar Wald), während die übrige Landschaft eher kleinparzelliert und zersiedelt ist. Das Haupthaus, ein Vier-Ständer-Fachwerkhaus von 1812, entspricht dem Aufbau eines Sattelmeyerhauses, wird heute jedoch als Schweinestall genutzt. Ein Schuppen, eine Kornscheune, ein Schweinehaus, ein Maschinenschuppen sowie das heutige Wohnhaus und das Altenteil vervollständigen das Hofensemble. Das Haupthaus und die Leibzucht (Altenteil) von 1792 sowie die Hofmauer stehen unter Denkmalschutz. Zum Hof Ebmeyer gehörten eine Bokemühle (zum Brechen des Flachses) und eine Mahlmühle mit je 1 Schrot- und Mahlgang. Beide Mühlen wurden durch das Wasser der umfangreichen Teichanlage betrieben. Sie wurden nach dem Kriege beziehungsweise 1958 abgerissen. Die Teiche werden heute extensiv als Fischteiche genutzt. Die Familie Ebmeyer bewirtschaftet den Hof als Familienbetrieb mit Ackerbau und Schweinemast.
9. Bismarck-Eiche
Diese Eiche, die nach 1890 zum Gedenken an Bismarck gepflanzt worden war, als dieser vom Kaiser aus seinen Diensten entlassen worden war, wurde 1992 als Naturdenkmal festgesetzt. Als Naturdenkmale werden Einzelschöpfungen der Natur festgesetzt, soweit ihr besonderer Schutz aus ”wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen, landeskundlichen oder erdgeschichtlichen Gründen” oder wegen ”ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit” erforderlich ist. Diese Eiche wurde wegen ihres geschichtlichen Hintergrundes und weil sie an dieser Stelle landschaftsprägend ist, vom Kreis Herford unter Schutz gestellt. Dies bedeutet auch, dass der Kreis Herford jetzt für den Baum verantwortlich ist, für seine Pflege sorgen muss und dass von ihm keine Gefahr aus geht.