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Durch das »Wehmerhorster Wiesental» in Rödinghausen

(Wanderung Nummer 2)

Treffpunkt für geführte Wanderungen

Bergstraße, Parkplatz Berschänke, Rödinghausen-Schwenningdorf

Dauer der Wanderung: etwa 2 Stunden

Strecke: 4,1 Kilometer

Das ursprüngliche Gebiet der Wehmerhorst zog sich vom Kirchenbesitz Wehme in Rödinghausen, dem heutigen Kurpark, bis nach Schwenningdorf. So kann auch der Name Wehmerhorst auf den Kirchenbesitz zurückgeführt werden. "Horst" ist ein alter Begriff für Gehölz, Dickicht, Knüppelholz. Ab dem 15. Jahrhundert wurde der Wald durch erhöhten Holzeinschlag und verstärkte Weidenutzung fast vollständig abgeholzt.

Die dichte Besiedlung durch den Menschen hat sich erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt. Schaut man in die Vergangenheit, ergibt sich ein völlig anderes Bild. Um 800 gab es einige wenige dörfliche Siedlungen, sogenannte Drubbel, im Vorland des Wiehengebirges. Noch 1800 war das Gebiet um den Ortsteil Wehmerhorst unbesiedeltes Waldgebiet. Erst auf Landkarten von 1837 sind die ersten Ansiedlungen zu erkennen. Nach dem 1. Weltkrieg folgten weitere.

Erläuterungen zu den Stationspunkten der Wanderung

1. Naturschutzgebiet Wehmerhorster Wiesental

Das Wehmerhorster Wiesental ist seit 1994 Naturschutzgebiet (NSG). Das 18,2 Hektar große NSG ist ein gut erhaltenes Wiesental (Siek) mit wertvollen, zum Teil bedrohten Biotopen, wie zum Beispiel Feuchtwiesen, Bächen, Quellen und naturnahen Laubwaldbeständen. Das Gebiet ist zum Erhalt und zur Wiederherstellung dieser Lebensräume ausgewiesen worden.

2. Sickerquelle

Quellen entstehen, indem Niederschläge im Boden versickern und durch wasserdurchlässige Schichten, zum Beispiel Sandsteine und Mergel, fließen bis sie auf wasserstauende Schichten, beispielsweise Tonsteine, treffen. Dort sammelt sich das Wasser und tritt an die Oberfläche. Sickerquellen sind der häufigste Quelltyp im Kreis Herford. Das Wasser tritt diffus zu Tage und bildet kleine Quellsümpfe, bevor es langsam abfließt. Sickerquellen wurden früher häufig als Waschplatz genutzt.

3. Markenteilung

Der Wald wurde gemeinschaftlich als Mark genutzt. Jeder durfte entsprechend seiner Hofgröße eine bestimmte Anzahl Tiere in die Mark eintreiben und eine bestimmte Menge Holz schlagen. Aufgrund seiner eingeschränkten Nutzungsmöglichkeiten blieb der Wald am Kamm des Wiehengebirges weitgehend zusammenhängend erhalten. In weiten Bereichen wurde der Wald gerodet, um mehr Ackerland zu erhalten. 1770 wurde die Aufteilung der Mark angeordnet. Je nach vorherigem Nutzungsanteil wurde die Parzellengröße festgelegt. Durch die Markenteilung entstanden zahlreiche kleine, schmale Parzellen. Um die Jahrhundertwende wurde zur Förderung eines Hochwaldes die schnellwüchsige und anspruchslose Fichte eingeführt. Im Anbau verdrängte sie durch ihre hohe Ertragsfähigkeit schnell die heimischen Buchen und Eichen.

4. Sturzquelle

Sturzquellen sind im Gegensatz zu Sickerquellen selten im Kreis Herford anzutreffen. Sie entsprechen der romantischen Vorstellung von der sprudelnden Quelle. Sturzquellen schütten kräftiger und fließen mit hoher Geschwindigkeit ab.

5. Wiehengebirgssandstein

Das Wiehengebirge besteht aus langen, aneinander gereihten schmalen Höhenrücken, sogenannten "Eggen". Die Gesteine des Wiehengebirges lagerten sich in der Jurazeit vor circa 170 bis 140 Millionen Jahren am Meeresgrund ab. Bei der Gebirgsbildung wurden diese gefaltet und steil gestellt.

Der Gebirgskamm ist aus hartem, hellem Sandstein aufgebaut. Darunter liegen weitere Schichten Wiehengebirgs­sandsteine, die Heersumer Schicht und der harte Cornbrash-Kalksandstein. Zwischen den harten Gesteins­schichten lagern weiche Mergel und Tonschichten. Die Wiehengebirgssandsteine werden noch heute in mehreren Sandsteinbrüchen abgebaut.

6. Nonnensteiner Sprudelquelle

Der Nonnensteiner Sprudel ist auch heute noch vielen Rödinghausern ein Begriff. Unterhalb des Weges liegt eine kleine Quelle. In dem besonders kalten Winter 1928 bemerkten Anwohner, dass das Wasser der Quelle nicht einfror. Eine anschließende Untersuchung bestätigte beste Tafelwasserqualität mit einem hohen Anteil an Kohlensäure. 1929/30 lief die Sprudelproduktion an. Das Wasser floss durch eine Rohrleitung zum Gebäude der Hannago AG, der späteren Fabrik Finkemeier, und wurde dort abgefüllt und verkauft. Die Fabrik hatte keinen eigenen Brunnen und wurde zu 100% mit Quellwasser versorgt. 1935 wurde die Produktion eingestellt.

Etwas oberhalb des Weges sind noch einige alte Quellfassungen zu sehen. Hier war der frühere Standort der "Sprudelquelle". Die Ader versiegte und kam einige Meter unterhalb des Weges wieder zum Vorschein.

7. Benjeshecke

Hecken sind heutzutage in der freien Landschaft selten geworden. Früher waren sie für die Eigentümer von großer Bedeutung. Neu angelegte Felder und Wiesen wurden mit Steinen und Sträuchern umhegt. Diese Abgrenzung zeigte den Privatbesitz der Fläche an und schützte gleichzeitig Ernte und Vieh. Heute werden Hecken vorwiegend aus ästhetischen und ökologischen Gründen angelegt, zum Beispiel zur Biotopvernetzung.

Benjeshecken bestehen aus Ästen und Gestrüpp, die in Wällen aufgeschichtet sind. Vögel und kleine Säugetiere sollen Samen einschleppen, die dann zu einer dichten Strauchhecke heranwachsen. Bis zu diesem Zeitpunkt übernimmt das Schnittmaterial die Funktion der Hecke. In der Praxis hat sich eine Kombination von Schnittmaterial und dazwischengepflanzten Sträuchern als sinnvoll erwiesen.

8. Straßennamen

Bis zum 1. Weltkrieg war die Wehmerhorster Straße noch unbefestigt. Hauptverkehrsstraße war bereits zu diesem Zeitpunkt die Hansastraße. Bei schlechtem Zustand der Wehmerhorster Straße wurde die Fahrbahn mit Knüppeln und Geäst aus dem Wald provisorisch wieder hergerichtet. Erst 1950 wurde sie eingeebnet und asphaltiert. Eine mögliche Erläuterung des Straßennamens "Am Kummerbrink" verweist auf die mühsame Bewirtschaftung im Wiesental und die stauenden Schiefertonschichten, die nur einen "kümmerlichen" Ertrag hergaben. „Hafk“ bezeichnet im Plattdeutschen den Ort, wo Habichte nisten.

9. Streuobstwiese

Diese Streuobstwiese mit alten Obstbäumen, einer Quelle und einem kleinen Bach, der auf einem längeren Teilstück verrohrt war, wurde 1998 vom NABU Rödinghausen für den Naturschutz gekauft. Im August des Jahres wurde die Verrohrung des oberen Bachabschnittes aufgenommen. Um dem Quellbach eine naturnahe Entwicklung zu ermöglichen, wurde die Verrohrung mit Hilfe von Minibagger und Spaten entfernt und vor Trittschäden des Weideviehs durch einen Zaun geschützt.

10. Weideland

Der Wald war im Mittelalter eine wichtige landwirtschaftliche Nutzfläche. Er lieferte Bau-, Nutz- und Brennholz, bildete aber gleichzeitig auch die Grundlage für die Viehhaltung. Es wurden vorrangig Schweine und Rinder eingetrieben. Die Schweine ernährten sich von Eicheln und Bucheckern; für die Rinder wurden Lichtun­gen und Täler erweitert, um Weideland zu schaffen.

11. Erlenbruchwald und kleine Tümpel

Naturnahe Erlenbruchwälder sind Rückzugsgebiete für viele Tiere und Pflanzen. Die zahlreichen Tümpel, die durch das hochanstehende Grundwasser entstehen, werden von Grasfröschen, Berg-, Faden- und Teichmolchen als Laichgewässer genutzt.

12. Furt

Bach und Zuläufe sind in ihrem Verlauf 20mal durch Wege und Teichanlagen unterbrochen. Ein Rohr macht den Quellbach zur Einbahnstraße und stellt für die Bachbewohner ein unüberwindbares Hindernis dar. Im NSG sind im Sommer 1997 insgesamt 30 Meter Betonrohre an drei Quellbächen entfernt worden. Die Bäche fließen nun nicht mehr verrohrt unter dem Weg, sondern nach altem Vorbild frei und ungehindert durch eine Furt.

Eine Furt ist eine durchfahrbare Stelle eines Gewässers. Bei kleineren Bächen ist eine Furt eine wartungsfreundliche, naturverträgliche und kostengünstige Alternative.