Durch das »Naturschutzgebiet Füllenbruch« in Herford und Hiddenhausen
(Wanderung Nummer 11)
Treffpunkt für geführte Wanderungen
Untere Wiesestraße, Parkplatz Sportplatz Sundern, Herford-Sundern
Dauer der Wanderung: etwa 2,5 Stunden
Strecke: 5,6 Kilometer
Das Füllenbruch umfasst das etwa 1 Kilometer breite und 3 Kilometer lange Tal des Düsedieksbachs, eines Seitenarms der Werre. Seit 1996 ist das Wiesental auf einer Fläche von 138 Hektar Naturschutzgebiet. Nach der Rodung des ursprünglichen Bruchwaldes wurde das Gebiet schon früh landwirtschaftlich genutzt. Die schweren, feuchten Böden ließen bis ins 20. Jahrhundert nur eine extensive Grünlandnutzung zu. Auch heute wird das Füllenbruch trotz allgemein zunehmender Ackernutzung noch überwiegend als Grünland bewirtschaftet. Dadurch bietet es vielen Tieren und Pflanzen, die auf feuchte Standorte angewiesen sind, einen Lebensraum.
Erläuterungen zu den Stationspunkten der Wanderung
1. Schilfgebiet/Flugplatz
Das östliche Ende des Naturschutzschutzgebietes, eingezwängt zwischen B61 und der Ortschaft Sundern, ist heute - trotz Autolärm und Randbebauung - wenig durch den Menschen beeinflusst. Auf nassem Moorboden breitet sich ein Schilfgebiet aus, in dem in den letzten Jahren immer wieder ein Paar der seltenen Rohrweihe gebrütet hat.
Für uns heute kaum mehr vorstellbar: hier befand sich einmal der Herforder Flugplatz! 1912 gründeten flugbegeisterte Herforder den "Herforder Verein für Luftschifffahrt" und im gleichen Jahr sollte die erste flugsportliche Veranstaltung stattfinden, die aber wegen einer "Beschädigung des Flugapparates" beim Start und einer Bruchlandung des Piloten ausfallen musste: "Im übrigen waren die Flugleistungen des Aviatikers, ..., infolge missglückten Anlaufs und verschiedener sich einstellender Mängel am Apparat so bescheidener Natur, dass die gewaltigen Menschenmassen, den Flugplatz und die ihn einfassenden Anhöhen bevölkerten, von ihnen bitter enttäuscht waren." 1914 diente der Flugplatz Füllenbruch dann als Kontrollstation des Prinz-Heinrich-Fluges, einem Wettflug durch Deutschland. Die Piloten warfen im Tiefflug ihre Kontrollmarken ab und flogen dann weiter nach Bielefeld.
2. Grünland/Acker
Der ursprüngliche feuchte Bruchwald wurde schon vor ungefähr 2000 Jahren zur Beweidung mit Vieh genutzt, wie Pollenanalysen zum Beispiel aus den Torfschichten des Hücker Moors gezeigt haben. Durch Brennholzgewinnung und Verbiss ging der Wald immer stärker zurück und es entwickelte sich offenes feuchtes Weideland. Zunächst war das Land allgemeines "Hudeland" und wurde von allen zur Gewinnung von Heu für den Winter genutzt. Erst etwa 1843 wurden die Grünlandflächen des Füllenbruchs privatisiert und an die umliegenden Bauern aus Lippinghausen und Sundern aufgeteilt. Seit den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden viele Wiesen – soweit möglich - entwässert, zu Acker umgewandelt und intensiver gedüngt. Heute werden gut 50% des Gebietes als Grünland genutzt, davon knapp die Hälfte als Extensivgrünland und 20% als Ackerland.
3. Kiebitze
Der inzwischen auf der Roten Liste als "gefährdet" eingestufte Kiebitz brütete 1975 noch mit 15-18 Paaren im Füllenbruch. 1986 war die Zahl der Brutpaare auf 3 zurückgegangen und hat sich inzwischen bei 6-8 Paaren eingependelt. Diese brüten bis auf eine Ausnahme auf den Ackerflächen rechts das Weges, da das Grünland im März, wenn die Kiebitze ihre Brutplätze suchen, offenbar schon zu hoch ist.
4. Gleisanlage Meyer-Lippinghausen/Düsedieksbach
An dieser Stelle mündete früher der Gleisanschluss der Margarinefabrik Meyer-Lippinghausen auf die Kleinbahntrasse. Die Firma erhielt 1906 mit 2,3 Kilometern das längste Anschlussgleis der circa 20 Firmen, die bis 1930 an die Herforder Kleinbahn angeschlossen wurden. Schon 1920 transportierte die Firma jährlich ungefähr 12.000 t Margarine, Fette und Öle über die Kleinbahn, was einen bedeutenden Anteil am Gesamttransport ausmachte. Diese Trasse verlief in einem Bogen westlich der heutigen Teiche und stieß dann auf die Kleinbahntrasse Herford-Enger.
Hier stoßen wir auf den Düsedieksbach, der das gesamte Füllenbruch in West-Ost-Richtung durchzieht. Er entspringt in Oetinghausen und mündet in die Werre. Durch die Begradigung in den 30er Jahren hat der Bach sich tief in den Talboden eingeschnitten und bildet steile Ufer.
5. Urnengräber/Kopfweiden
Im Bereich östlich der Ziegelstraße und südlich der Kleinbahnstrecke wurde in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts ein Urnengrab aus der vorrömischen Eisenzeit (700 bis Christi Geburt) entdeckt. In diesen Jahrhunderten war es üblich, die Toten zu verbrennen und die Asche in Urnen beizusetzen. Diese Begräbnisstätte ist heute ein Bodendenkmal und mit einer Weißdornhecke und Weidengebüsch bewachsen.
6. Das Bruch
An der Ziegelstraße wurden Kopfweiden gepflanzt, die in Feuchtwiesengebieten zu den charakteristischen Landschaftselementen gehören. Diese Kopfbäume, meist handelt es sich um Korb-, Silber- oder Bruchweiden, lieferten früher Brennholz und Flechtmaterial für Körbe und andere Gebrauchsgegenstände und die Ausfachungen der Fachwerkhäuser. Jetzt werden die Kopfweiden alle 5-8 Jahre geschnitten und die Äste und Zweige sind ein beliebtes Bau- und Flechtmaterial für Kinder-Spielplätze.
An dieser Stelle erkennt man deutlich die Geomorphologie des Füllenbruchs: ein flaches Tal, welches nach Norden und Süden durch sanft ansteigende Hänge gekennzeichnet ist. Die fruchtbaren Böden der Hänge wurden schon früh ackerbaulich genutzt, der nasse Talgrund war das Bruch, in dem vielleicht früher die Fohlen geweidet wurden ("Füllenbruch").
7. Kleinbahntrasse Enger-Herford
Um die Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert waren die Bahnstrecken zwischen den größeren Städten weitgehend gebaut und die ländlichen Gebiete sollten erschlossen werden. Im Kreis Herford wurden mehrere Projekte beraten, aus Kostengründen konnte aber nur die Herforder Kleinbahn zwischen Vlotho und Wallenbrück umgesetzt werden. Am 10.8.1900 wurde der erste Streckenabschnitt zwischen Herford und Enger eröffnet. Die Kleinbahn übernahm den Gütertransport für Landwirtschaft und Industrie und verbesserte den Personen-Nahverkehr.
Die Haltestelle Füllenbruch für Fahrgäste aus Sundern lag auf Herforder Stadtgebiet, Ecke Bünder Fußweg-Füllenbruchstraße, die Lippinghauser benutzten die Bedarfshaltestelle Ziegelstraße, der Bahnhof war in Oetinghausen. Die Zahl der Fahrgäste auf dieser Strecke betrug bis 1945 etwa 60 Personen pro Tag, nur im Sommer stiegen die Zahlen aufgrund des Ausflugverkehrs.
Nach dem 2. Weltkrieg stiegen die Beförderungszahlen im Personenverkehr der Herforder Kleinbahn auf 4,5 Millionen im Jahr, nach der Währungsreform sank die Zahl auf 3 Millionen im Jahr. Ab 1962 begann das Sterben der Kleinbahn, erste Strecken wurden stillgelegt. Am 24.4.1966 fuhr der letzte Personenzug durch das Füllenbruch, der Individualverkehr hatte gesiegt, die Gleise wurden abgebaut und der Damm wird seither als Rad- und Fußweg genutzt.
8. Grünlandextensivierung
Seit 1995 können Landwirte in Naturschutzgebieten Verträge zur Extensivierung von Grünland mit dem Kreis Herford abschließen. Wenn auf Düngung verzichtet wird und erst im Juni die erste Mahd erfolgt, werden für den Ertragsausfall Ausgleichszahlungen gewährt. In diesem Programm kann auch Acker in Grünland umgewandelt werden. Im Füllenbruch werden inzwischen über 20 Hektar Grünland und Ackerfläche nach diesem "Kulturlandschaftsprogramm" im Sinne des Naturschutzes bewirtschaftet. Nördlich des Weges wird überwiegend intensiv, südlich des Weges extensiv bewirtschaftet. Intensivwiesen bestehen oft nur aus wenigen Grasarten während die Extensivwiesen eine artenreiche Tier- und Pflanzenwelt aufweisen.
9. Bachrenaturierung
Zwischen Oetinghausen und der Ziegelstraße verläuft der Düsedieksbach nach seiner Begradigung schnurgerade parallel zum Weg. Hier fand 1998 eine Maßnahme zur naturnahen Entwicklung des Baches statt: die Ufer wurden abgeflacht und die Bachsohle angehoben. Dadurch können bei Hochwasser die angrenzenden Flächen überschwemmt werden, das Bachbett wurde aufgeweitet und die Selbstreinigungskraft des Baches erhöht.
10. Gehölze
Mitten im heutigen Naturschutzgebiet wurden vor ungefähr 20 Jahren durch einen Baumschulbetrieb exotische Weiden mit flachen Schmuckreisern gepflanzt, die ursprünglich aus Japan stammenden Drachenweiden. In Naturschutzgebieten sollten solche nicht heimischen Gehölze nach und nach durch einheimische, standortgerechte Arten ersetzt werden. An diese ist die heimische Tierwelt angepasst, was man beispielsweise an den vielen Fraßstellen durch Raupen sehen kann. Daher wurden auf der Fläche links des Weges Buschweiden gepflanzt und der Erlenaufwuchs gefördert.
11. Feuchtgrünland
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Gegenüber der Lackfabrik befindet sich eine besonders artenreiche Feuchtwiese, eine sogenannte Sumpfdotterblumen-Wassergreiskraut-Wiese. Diese beiden Arten sind auf feuchte, später gemähte und wenig gedüngte Standorte angewiesen und dieser Wiesentyp steht bereits in der Roten Liste der gefährdeten Pflanzengesellschaften in NRW. Daher sind die selten gewordenen Feuchtwiesen besonders geschützt und dürfen nicht geschädigt oder zerstört werden. Besonders schön ist der Frühlingsaspekt, wenn die Fläche übersät ist von den zart-violetten Blüten der Kuckucks-Lichtnelke.
12. Deponie/Einleitungen
In den 70er Jahren wurden große Flächen rechts und links des Weges "Am Vogelholz" als Boden- und Bauschuttdeponien mißbraucht. Meterhohe Aufschüttungen vernichteten die ursprünglichen Feuchtwiesen und nur durch die damals aufkommende Naturschutzbewegung konnte dieser Prozess der Naturzerstörung im Füllenbruch aufgehalten werden. Durch viele Einleitungen von Siedlungsabwässern in den Düsedieksbach hat dieser nach dem neuen Gewässergütebericht des Kreises Herford im gesamten Naturschutzgebiet die Gewässergüte "kritisch belastet". Durch den Graben westlich des Weges "Am Vogelholz" wurde bis 2001 das Oberflächenwasser des Industriegebietes Herringhausen in das Naturschutzgebiet eingeleitet. Heute befindet sich auf der gegenüberliegenden Seite ein Regenüberlaufbecken. Vor der Stilllegung der Kläranlage Oetinghausen war der Bach unterhalb der Einleitung der Kläranlagenabwässer "sehr stark verschmutzt".
13. Seggenried
Wenn Wiesen nicht mehr gemäht werden, verändern sich die Pflanzenbestände innerhalb weniger Jahre bis hin zur Verbuschung und zu Waldgesellschaften. An dieser Stelle wachsen inzwischen Seggen und Röhrichtpflanzen, da die Fläche nur im Hochsommer bei großer Trockenheit befahren werden kann und daher nur noch sporadisch gemäht wird. Früher wurden die ganz feuchten Wiesen als sogenannte "Streuwiesen" genutzt. Das zur Tierfütterung nicht geeignete Mähgut wurde als Einstreu für die Viehställe genutzt.