Das »Asbeke-Kinzbachtal» in Herford
(Wanderung Nummer 6)
Treffpunkt für geführte Wanderungen
Hausheider Straße / Junkerweg, Parkplatz Friedhof in Diebrock, Herford
Dauer der Wanderung: etwa 2,5 Stunden
Strecke: 7,5 Kilometer
Das Asbeke-Kinzbeketal wurde im April 1995 durch den Landschaftsplan Herford / Hiddenhausen als Naturschutzgebiet ausgewiesen. Es handelt sich um ein typisches Fließgewässersystem des Ravensberger Hügellands, mit zwei Hauptgewässern und vielen Nebenbächen. Die Täler sind größtenteils zu Sieken umgebaut worden und mit Grünland bestanden.
Erläuterungen zu den Stationspunkten der Wanderung
1. Ehemalige Badeanstalt
Hier gegenüber dem Friedhof bestand bis in die 50er Jahre eine Badeanstalt an der Kinzbeke. An den meisten Fließgewässern im Kreisgebiet gab es früher derartige Badeanstalten, die aber alle im gleichen Zeitraum verschwanden, weil sich einerseits die Wasserqualität sehr verschlechterte (und sogar Erkrankungen auslöste), andererseits die Gewässer ausgebaut wurden. Heute wird die Wassergüte der Kinzbeke an dieser Stelle mit ”kritisch belastet” angegeben.
2. Alte Gerichtsstätte
An diesem Standort wurde der Freistuhl zur Nienburg nachgewiesen. Freigerichte oder Femegerichte waren Teil des mittelalterlichen Gerichtswesens, das sehr vielschichtig war. Ein Merkmal war, dass ”jeder nur von seinesgleichen gerichtet” werden konnte. Vor den alten Volksgerichten, den Gogerichten (Go war der Dorfverband im ehemaligen Sächsischen Stammesgebiet), die sowohl die Zivil- als auch die Strafgerichtsbarkeit regelten, brauchten die Freien nicht zu erscheinen. Die Bauern, die persönlich frei waren, deren Besitzstand aber als eigenhörig galt, bildeten die Freidinggemeinden. Ihre Richtplätze hießen Stühle, die Eigentümer Stuhlherren oder Schöffen und die von ihnen eingesetzten Vorsitzenden Freigraf. Die Zuständigkeit der Freigerichte beschränkte sich im späten Mittelalter auf die bürgerliche und freiwillige Gerichtsbarkeit, auf die öffentliche Sicherung privater Rechtsgeschäfte. Man kann die Freistühle als Gegenwehr der westfälischen Freien gegen die Gogerichtsbarkeit verstehen. Es war keine öffentliche Gerichtsbarkeit, sondern es waren nur die direkt am Prozess Beteiligten anwesend. Ein Freigericht sprach entweder frei oder verurteilte zum Tode, wobei das Urteil gleich vollstreckt werden sollte. Freistühle existierten etwa vom 12. bis zum 15. Jahrhundert in Westfalen. Wie lange der in Nienburg bestand und wie viele Fälle verhandelt worden waren, darüber gibt es keine Aufzeichnungen. Das ”vryding” nahm ursprünglich 3 Tage in Anspruch. Da der Freigraf für diese Zeit eine Unterkunft brauchte, wurde am Hof Nienburg ein Haus gebaut. Der Platz liegt am früheren Jöllenbecker Weg, der schon vor der Karolingerzeit einen wichtigen Verkehrsweg ins Münsterland und nach Norden darstellte.
3. Heier Mühle
1745 werden ”Hauß Stedefreund und Heyde” als Eigentümer der privaten Wassermühle am Heier Mühlenbach erwähnt. Vermutlich wurde an diesem Standort aber schon länger, wahrscheinlich seit dem 14. Jahrhundert, eine Mühle betrieben. Die Wasserkraft war nie als üppig zu bezeichnen, weshalb immer nur einige Stunden am Tag gemahlen werden konnte. Die Mühle verfügte über ein oberschlächtiges Wasserrad, bei einer Modernisierung 1941 wurden zusätzlich Reinigungs- und Sichterelemente (Sieb) eingebaut, 1953 eine Turbine. Im Jahr 1984 hörte der letzte Müller nach 56 Berufsjahren auf zu mahlen. Zu jeder Wassermühle gehört ein Mühlenteich. Ein Teil des Wassers des Baches wird in den Teich abgeleitet und angestaut bis es für den Mahlvorgang reichte. Heute dient der Mühlenteich als Fischteich und Amphibienlaichgewässer.
4. Pierkamp
Den Erzählungen nach wurden in diesem schmalen Talabschnitt (Pierkamp) des Heier Mühlenbachs früher vor allem die Pferde (Pier = Pferde) aber auch das andere wertvolle Vieh versteckt, wenn während des 30-jährigen Krieges feindliche Truppen die Gegend unsicher machten. Die frühere Grünlandfläche ist infolge fehlender Mahd zu einer Hochstaudenflur durchgewachsen und wird sich ohne Eingriff des Menschen zu einer Waldgesellschaft entwickeln. Feuchte Hochstaudenbestände auf nährstoffreichen Böden setzen sich meist aus Stauden wie Mädesüß, Brennnessel, Weidenröschen und verschiedenen Seggenarten zusammen. Es sind Übergangsgesellschaften, die aber über Jahre in ihrer Artenzusammensetzung stabil sein können. An Wurzeln, Stengeln, Blättern und Blüten leben bis zu 500 Insekten- und Spinnenarten, in den Hohlräumen der Stengel überwintern sie und ihre Larven. Die Blüten sind ein wichtiges Nahrungshabitat für Insekten, die wiederum Vögel anziehen. Die immer hochstehende Vegetation bietet ganzjährig Versteckmöglichkeiten für die Nestanlage und die Jungenaufzucht zum Beispiel für Rebhuhn und Hase, und stellt immer eine Ruhezone in der Landschaft dar.
5. Abgrabung
Im Landschaftsraum der Asbeke/Kinzbeke und ihrer Nebenbäche finden sich viele Ton- und Sandabgrabungen. Tonsteine des Pliensbach dienen als Grundlage für die Herstellung von Klinkern und Verblendsteinen. Die Sandgruben mit Material aus der Saalekaltzeit gehören zum Kiessandzug zwischen Bünde und Herford. Die relativ reinen Sande aus dem Eickumer Bereich werden für die Kalksandsteinproduktion oder als Bausand gewonnen. Dies geschieht im Tagebau. Nachdem die Gruben ausgebeutet waren, wurden sie überwiegend mit Erdaushub, teilweise auch mit Bauschutt verfüllt. Anschließend sind die Flächen mit Gründüngung und Bodenverbesserern eingesät worden. Wenn die normale landwirtschaftliche Nutzung wieder aufgenommen wird, sieht keiner der Fläche ihre Vergangenheit an. Manche Abgrabungen werden auch offen gelassen und dienen dann verschiedenen Tier- und Pflanzenarten als Lebensraum. Vor allem ehemalige Sandgruben stellen heute wichtige nährstoffarme Biotope dar. Durch die intensive Ausbeutung der Bodenschätze werden diese knapp und man versucht heutzutage in vielen Bereichen mit Ersatzstoffen zu arbeiten. Die Aufarbeitung, das ”Schreddern”, von Bauschutt gehört zu diesen Alternativen.
6. Bremerhagener Bach
Der Bremerhagener Bach ist Teil des Naturschutzgebietes Asbeke-Kinzbeketal. Er fließt im Mittellauf in einem naturnah erhaltenen Kerbtal, das mit Buchenwald bestanden ist. Der Bach ist in einem naturnahen Zustand und gibt eine Vorstellung davon, wie die Bäche früher ohne Beeinflussung durch den Menschen flossen. Das ganze Fließgewässersystem des Asbeke-Kinzbeketals gehört zu den sommerkalten Forellenniederungsbächen und ist über weite Strecken als naturnah zu bezeichnen. Die Wasserqualität wird durch zahlreiche Einleitungen und Aufstaus beeinträchtigt. An den Ufern stehen überwiegend Erlen, die das Wasser beschatten, wodurch ganzjährig eine Wassertemperatur von höchstens 10-12°C gewährleistet ist. Die Bäche schlängeln sich leicht, sie haben steile Abbruchkanten, in denen der Eisvogel nisten kann, und Kies- und Sandbänke als Laichgrund für Fische. Kleine und große Auskolkungen neben schnell und turbulent fließenden Abschnitten sichern einen hohen Sauerstoffeintrag ins Gewässer, so dass die Wassergüte zwischen ”mäßig belastet” und ”kritisch belastet” schwankt. Viele Talabschnitte sind zu Sieken umgebaut worden, wie der Ober- und Unterlauf des Bremerhager Bachs auch. Das Fließgewässer ist an den Talrand verlegt worden, die Talsohle ist mit Grünland, Hochstauden oder Wald bestanden.
7. Stillgewässer
Im Laufe der letzten 15 Jahre wurden in der Aue des Unterlaufs der Kinzbeke viele Artenschutzteiche neu geschaffen. Sie dienen schwerpunktmäßig den Amphibien als Laichbiotop, aber auch den Libellen als Lebensraum für ihre Larven und vielen anderen Insekten wie Käfern, Wasserläufern und Rückenschwimmern. Es können sich Fische ansiedeln, eingesetzte sind nicht erwünscht, da diese den Amphibienlaich auffressen. Die Teiche haben ausgedehnte Flachwasserzonen, in denen sich Röhrichtarten ansiedeln. Die Teiche werden nicht bepflanzt, alle Pflanzenarten siedeln sich über Samen aus der Umgebung selbständig an, und geben jedem Gewässer sein eigenes Aussehen. Die Teiche werden überwiegend vom Regenwasser gespeist. Bei einer Tiefe zwischen 1 und 2 Metern können sie im Winter nicht durchfrieren. Es sind Stillgewässer, sie erwärmen sich entsprechend den Lufttemperaturen wodurch der Sauerstoffgehalt sinkt. Derartige Tümpel können im Extremfall sogar austrocknen, was meist kein Problem darstellt, denn im Sommer haben die Amphibien ihre Entwicklung im Wasser abgeschlossen und die anderen Kleinlebewesen verkriechen sich im Schlamm und warten auf den nächsten Regen.
Viele dieser Artenschutzteiche hier sind als sogenannte Ausgleichsmaßnahmen angelegt worden, weil beim Bau von verschiedenen Versorgungsleitungen in bestehende Lebensgemeinschaften des Naturschutzgebietes eingegriffen wurde, diese teilweise sogar zerstört wurden.