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Pressemitteilungen

22.05.2023

»Kein Hund will den Menschen ärgern«

Wie verhaltensauffällige Hunde resozialisiert werden können - Tierschutz-Fortbildung im Kreishaus 

Kreis Herford. Die Tierheime in der Region stehen vor vielen Herausforderungen. Die Heime sind voll und nicht jedes Tier lässt sich einfach vermitteln. In den letzten Jahren – und ganz besonders seit Ende der Pandemie - hat sich in den Tierheimen vor allem die Zahl der schwer vermittelbaren Hunde erhöht. „Viele Familien oder auch Einzelpersonen haben sich in den Homeoffice-Phasen ein Haustier angeschafft, manchmal ganz unbedarft und auch ohne irgendwelche Vorerfahrungen oder Wissen um die unterschiedlichen Hunderassen. Unter den sogenannten Modehunden sind natürlich auch oft Tiere, die sehr temperamentvoll sind – einige Menschen sind schlichtweg überfordert und geben die Tiere dann wieder ab“, weiß Dr. Tanja Hochstetter, Leiterin vom Kreis-Veterinäramt.

Dabei sind es sogar in der Mehrzahl nicht einmal Hunde, die beißen oder besonders aggressiv sind. Immer mehr Hunde werden abgegeben, weil sie nicht das gewünschte Verhalten zeigen: Sie ziehen extrem an der Leine, werden nicht stubenrein, können nicht alleine sein, vertragen sich nicht mit anderen Tieren oder sind besonders ängstlich.

„Solche Hunde erfolgreich, also auf Dauer, in ein neues Zuhause zu vermitteln, ist nicht leicht. Unser Ziel ist es deshalb, verhaltensauffällige Tiere gezielt zu resozialisieren. Wir wollen Verhaltensauffälligkeiten direkt angehen und die Mitarbeitenden in den Tierheimen besser qualifizieren, um mit diesen Hunden zu trainieren. Das entspannt nicht nur die Lage in den Tierheimen, sondern auch die zukünftigen Tierbesitzerinnen und -besitzer und zu guter Letzt vor allem die Hunde selbst“, erklärt Claudia Schürmann von „Bullterrier in Not e.V. und appelliert.

„Hunde sind von Natur aus extrem soziale Tiere. Hinter jeder Auffälligkeit gibt es eine Geschichte, und ganz sicher handelt kein Hund aus Rache oder Boshaftigkeit. Kein Hund will Herrchen oder Frauchen ärgern“ - diese Kernbotschaft vertritt auch Dr. Barbara Schöning. Die renommierte Hamburger Tierärztin ist seit über 20 Jahren Fachtierärztin für Verhaltenskunde und Tierschutz. Zum Thema Verhalten bei Haustieren hat sie zahlreiche Bücher und Artikel verfasst.

In der vergangenen Woche hörten 60 Teilnehmende im Kreishaus ihren Vortrag zur „Resozialisierung verhaltensauffälliger Hunde“ und erhielten wichtige Impulse für ihre Arbeit im Tierschutz.

Förderlich für gezielte Trainings wären beispielsweise sogenannte „Bindungspersonen“. Im besten Fall hat auch im Tierheim jeder Hund eine besondere Bezugsperson, die eng mit dem Tier zusammenarbeitet und auch das wichtige soziale Bindungsbedürfnis des Hundes fördert und befriedigt. Trainingsziele sollten zudem grundsätzlich positiv formuliert werden. Dabei steht das Belohnungs- und Erfolgsprinzip im Vordergrund. Viele Hundehalter*innen möchten, dass ihr Hund etwas nicht mehr tut -  zum Beispiel nicht mehr an der Leine zieht.

Positiv formuliert ist hier das Ziel, „dass mein Hund entspannt und an lockerer Leine neben mir läuft“, so die Hundeexpertin. „Und schon ändert sich der Blickwinkel und der Umgang mit dem Hund“. Jeder Entspannungsmoment wird im Training belohnt und erzeugt dadurch Erfolg und Freude für Hund und Mensch.

Theoretische und praktische Hilfestellungen – Seit 15 Jahren schon arbeitet die Arbeitsgemeinschaft Tierschutz im Kreis Herford daran, die Situation in den Tierheimen und Tierschutzvereinen zu entschärfen. Die Kastration von freilaufenden Katzen ist eine bekannte Aktion, eine zweite die Fortbildung für Mitarbeitende in Tierheimen und Tierschutzvereinen. Das alles ist übrigens nur durch die finanzielle Hilfe der Sparkassenstiftung möglich.

„Wir sind sehr dankbar für diese wirklich wichtige Unterstützung. Die Arbeit am Tier ist eine entscheidende Voraussetzung, um Tiere erfolgreich zu vermitteln. Für die engagierten und oft ehrenamtlich tätigen Mitarbeitenden vor Ort sind Erfolgsgeschichten rund um die Tiere der größte Lohn und eine wichtige Motivation, um im Tierschutz mit Freude und Herz zu arbeiten“, so Dr. Hochstetter: „Außerdem leisten die Vereine wichtige Aufklärungsarbeit, denn auch für private Tierhalterinnen und Tierhalter sind die Mitglieder der ArGe beratend aktiv.“

Verhaltensauffällige Tiere müssen nicht zwangsläufig im Tierheim landen. Im gesamten Kreisgebiet gäbe es ausreichend Hundekompetenz, in Form von Hundetrainern und Hundeschulen. Dort lernen die Besitzer und die Tiere wichtige Kompetenzen. Je früher Auffälligkeiten erkannt werden, umso schneller können sie auch behoben werden und umso länger ist der gemeinsame Lebensweg von Tier und Mensch.

Zusatzinfo:  In der Arbeitsgemeinschaft Tierschutz im Kreis Herford sind vertreten: Tiere in Not OWL e.V., Tierschutzverein Bad Salzuflen-Lemgo, Tierhilfe Herford e.V., Bullterrier in Not e.V., Tierheim Bünde – Tierschutzverein Herford e.V., Tierheim Eichenhof – Tierschutzverein Vlotho e.V, und der Kreis Herford.